Wie plant man eine Radreise mit Baby? – 10 Tipps & Tricks
Das ist eine sehr gute Frage, auf die wir bisher auch keine zufriedenstellenden Antworten gefunden haben. So dachten wir uns, nehmen wir es halt selbst in die Hand – und damit war die Idee zu childgoeswild geboren. Zum einen erhofften wir uns auf diesem Weg etwas Struktur in unsere eigene Reiseplanung für unser erstes Bikepacking Adventure mit Baby zu bringen. Zum Anderen möchten wir euch, den radbegeisterten Eltern da draußen, die Möglichkeit geben, von unseren Erfahrungen zu profitieren.
Grundsätzlich sind wir überzeugt, dass Radreisen eine fantastische Möglichkeit sind, um neue Orte zu erkunden oder eine neue Perspektive auf bekannte Orte zu bekommen. Auf dem Rad ergeben sich oft ganz neue Aussichten auf Landschaft und Leute und es ist ein tolles Gefühl, aus eigener Kraft am Ziel angekommen zu sein. Wir finden, auf einer Radreise sind alle Erlebnisse ein wenig bunter, eindrücklicher – einfach intensiver. Wenn man jedoch das erste Mal eine Radreise mit einem Baby plant, gibt es eine Vielzahl von Dingen, welche zusätzlich zu bedenken sind. In diesem Blogbeitrag teilen wir mit euch einige Tipps und Ratschläge, die uns bei der Planung unserer ersten erfolgreichen Radreise mit Baby geholfen haben.
Inhalt
Timing, Timing, Timing
Die Elternzeit für eine gemeinsame Reise zu nutzen, ist nicht neu. Denn wie oft bekommt man die Gelegenheit, für mehr als drei Wochen am Stück zu verreisen? Das mag im ersten Moment egoistisch klingen, doch nach unserer Erfahrung ist dies nicht nur das Beste für die Eltern. Wir sind überzeugt, dass es auch das Beste für uns als kleine Familie war. Zu Hause hätten wir uns niemals so gut auf uns drei besinnen können: Auf einmal gab es keine festen oder regelmäßigen Termine mehr, keine Besuche und keinen Haushalt. Natürlich muss auch auf Reisen gekocht, abgewaschen und Wäsche gemacht werden, aber es fühlt sich halt nicht nach Haushalt an.
Doch eben weil die Zeit während des Reisens „stillsteht“, ist es umso schwieriger den richtigen Moment herauszupicken. Uns beschäftigten in erster Linie die folgenden Fragen: Wann können wir gemeinsam in Elternzeit gehen? Findet sich eine geeignete Lücke zwischen Peppis U-Untersuchungen? Wann endet der Rückbildungskurs und wann beginnt der nächste PEKIP-Kurs? Ab wann können wir die ersten Test-Fahrten mit Peppi unternehmen und mit welchem Alter kann sie auch für längere Strecken sicher im Anhänger mitfahren?
Dass es den perfekten Zeitpunkt nicht gibt, ist irgendwie klar. Jedes Alter hat bei Kindern seine eigenen Tücken, aber mit genügend Flexibilität und Spaß an der Sache findet man für jede Herausforderung eine Lösung. Welche Tücken, aber auch welche Vorteile Peppis halbes Jahr mit sich brachte, erzählen wir euch gerne in einem späteren Beitrag.
Von Träumen und Zielen
Für uns persönlich ist die Frage nach dem Reiseziel immer eine der spannendsten. Man wälzt Reiseführer oder zappt sich durch YouTube Videos, sucht Inspiration auf Instagram & Co. und googelt sich einmal durch die Weltgeschichte. Bei jeder neuen Destination hat man sofort erste romantische Reiseszenen im Kopf. Doch mit einem Baby läuft alles gleich viel nüchterner ab:
Welches Wetter erwartet uns im geplanten Zeitraum? Wo fühlen wir uns sicher? Mit welchen Reisezielen haben wir eventuell schon Erfahrungen gemacht? Wo finden wir die notwendige Rad- und Unterkunftsinfrastruktur? Haben wir die Nerven und die Zeit, uns um einen Kinderreisepass oder notwendige Reise-Impfungen zu kümmern? Wo sind Kinder gerne gesehen?
Für uns stand fest, wir werden die erste Zeit unserer Reise in Deutschland verbringen, weil wir uns hier einfach am sichersten fühlten. Gleichzeitig hatten wir auch Fernweh und sehnten uns nach der süßen Seite des Lebens: Sonne, gutes Essen und mediterranes Flair. So entschlossen wir uns, unsere Reise in Richtung Frankreich und Spanien zu planen. Ob wir letztendlich in Barcelona gelandet sind, erfahrt ihr als erstes auf unserem Instagram Account.
Routenplanung & Tagesetappen

Eine detaillierte Routenplanung ist für uns das Herzstück einer erfolgreichen Radreise mit Baby. So sehr wir die Flexibilität dieser Form zu Reisen lieben, sind wir nun abhängig von Peppis Laune und verantwortlich für ihre Gesundheit.
Zu unserem Glück findet Peppi die Fahrt im Anhänger meist einschläfernd langweilig. Dennoch sollte man sicherstellen, dass die Route für ein Baby geeignet ist, damit das Kind nicht den Spaß am Radreisen verliert. Gleichzeitig sollte man das Zusatzgewicht (Baby + zusätzlich notwendiges Gepäck) nicht unterschätzen und lieber ein paar Höhenmeter weniger planen. Für uns hieß das, dass wir uns wesentlich intensiver über das Gelände bzw. die Straßenverhältnisse, die Steigungen und das Klima informierten als wir es vor Peppis Zeit gewohnt waren.
Unsere Routen planen wir mit Komoot in der Premiumversion. Die Informationen über die Art des Untergrunds und die zu fahrenden Steigungen helfen enorm bei der Konzipierung der Strecke. Ein besonderes Highlight für uns ist die neue Funktion, eine geplante Route in Tagesetappen zu splitten. Über einen Regler stellt man eine individuelle Durchschnittsgeschwindigkeit für die Tour ein und bekommt umgehend die an einem Tag zufahrenden Kilometer und die ungefähre Gesamt-Fahrzeit angezeigt.
Bei der Planung unserer Elternzeit-Tour sahen wir so ziemlich schnell, dass unser ursprüngliches Ziel, der Europa Point in Gibraltar, für uns in dieser Konstellation nicht in zwei Monaten zu erreichen ist. In Anbetracht der Klimaverhältnisse im Sommer in Südspanien und der zu überwindenden Kilometer entschieden wir uns das nicht weniger ambitionierte Ziel, Barcelona, ins Auge zu fassen. Unsere Route für unsere Radreise mit Baby kannst du unten im Detail sehen.
Pausen einplanen

Klar! Regelmäßige Pausen sind immer wichtig, egal ob ihr eine Radreise mit oder ohne Baby macht. Aber für die Kleinsten unter uns sind ausreichend Pausen zwingend notwendig.
Neben dem Wechseln von Windeln und dem Füttern bzw. Stillen, ist es absolut unerlässlich, die langen Liegezeiten im Anhänger zu unterbrechen. Die leicht gekrümmte Position ist nicht ideal für die Wirbelsäule und die Gelenke eures Kindes.
Eine klare Empfehlung für die Länge einer Fahrt haben wir nicht gefunden, schon gar nicht für Fahrradanhänger. Aus diesem Grund haben wir uns an den Angaben für Auto-Babyschalen orientiert. Sowohl der Bußgeldkatalog (für Säuglinge bis zur 6. Lebenswoche) als auch diverse Hersteller von Babyschalen raten dazu, die Fahrzeit auf maximal 2 Stunden zu beschränken.
Wir selbst planen unsere Etappen so, dass wir zwischen den Pausen maximal anderthalb Stunden am Stück fahren. Das hatte für uns gleich mehrere Vorteile: Es gibt uns nämlich nicht nur die Möglichkeit, uns auszuruhen, die Kleine zu füttern und Windeln zu wechseln. Sondern wir haben so zu einer neuen Form der Entschleunigung und Entspannung gefunden. Eine ausgiebige Pause an einem schönen Ort kann zu einer tollen Erinnerung werden. Einfach weil man sich die Zeit genommen hat, die Landschaft und die Sonne zu genießen oder weil man vielleicht auch mal an Orten eine Pause einlegt, an denen man sonst vorbeigefahren wäre.
Ausrüstung
Im Allgemeinen sind ein geeignetes Fahrrad und das entsprechende Zubehör beim Radreisen unerlässlich. Doch bei einer Radreise mit Baby muss die Ausrüstung noch penibler geplant sein. Während fehlendes oder falsches Equipment bisher eine ungemütliche Nacht oder eine Verzögerung der Reise bedeutete, können Fehler nun die Gesundheit und das Wohlergehen unserer Tochter beeinflussen.
Selbstverständlich hatten wir auch schon vor dieser ersten Radreise mit Baby ein komplettes Radreise-Setup vorzuweisen. Doch neben offensichtlichen Anschaffungen, wie einem Fahrradanhänger für Peppi, haben wir gleichzeitig viele andere Artikel unserer Packliste hinzugefügt oder angepasst. Beispielsweise nutzten wir bisher Kunstfaserschlafsäcke, weil diese bei Lagerung, Reinigung und möglicher Nässe unkomplizierter sind. Für die Radreise mit Baby hingegen stiegen wir auf Daunenschlafsäcke für ein optimales Schlafklima um.
Weitaus komplexer gestaltete sich die Suche nach dem richtigen Anhänger. Es gibt zig unterschiedliche, gute Modelle auf dem Markt. Warum wir uns schließlich für einen Anhänger der Firma Tout Terrain entschieden haben, lest ihr hier.
Wenn ihr gerade nach passender Ausrüstung für eine Radreise mit Baby sucht, könnt ihr euch hier von unserer finalen Ausrüstungsliste inspirieren lassen. Doch bedenkt bitte, dass es sich hierbei um das für uns optimale Equipment handelt. Für wen, das Übernachten im Zelt mit Baby eine Nummer zu abenteuerlich ist oder wer sich nach etwas mehr Komfort in der Nacht sehnt, dem raten wir z. B. zunächst Hotels oder Ferienwohnungen anzufahren. Dann könnt ihr natürlich auf Zelt und Outdoor-Küche verzichten und solltet stattdessen vorab Übernachtungsmöglichkeiten und deren Verfügbarkeiten entlang der Route recherchieren.
Babystuff
Wenn man irgendwann die erste Radreise mit Baby plant, stellt man schnell fest, dass die Packliste ganz andere Dimensionen annimmt als wenn Erwachsene reisen. Uns war anfangs nicht bewusst, wie viele spezielle Babyartikel es gibt und es fiel uns schwer, einzuschätzen, welche davon wirklich notwendig und sinnvoll sind. Selbst augenscheinlich banale Dinge, über dessen Benutzung man als Erwachsener nicht nachdenken würde, werden dann plötzlich zu einer Raketenwissenschaft. So erging es uns beispielsweise bei dem Thema Sonnencreme für Babys.
So haben wir viel Zeit damit verbracht, zu recherchieren, aufzulisten und umzudenken: Wir haben uns zum Thema Sonnenschutz erkundigt, haben essenzielle Dinge wie Windeln und Mulltücher zusammengetragen und haben überlegt, welche Dinge man unterwegs wie nutzen kann. Zum Beispiel nutzen wir alle drei Peppis Baby-Nagelschere und unsere herkömmliche Reiseapotheke haben wir gegen einen etwas erweiterten Kinder-Notfall-Koffer ausgetauscht.
Neben der Ausstattung gab es für uns natürlich noch einige wichtige organisatorische Dinge im Voraus zu erledigen: Wir haben einen Kinderreisepass für Peppi beantragt, unsere Auslandsreiseversicherung auf einen Familienvertrag mit besseren Leistungen upgegradet und unsere Kinderärztin bezüglich spezieller Impfungen oder ähnlicher Vorkehrungen befragt. Außerdem haben wir in unserer gemeinsamen Cloud neben unseren eigenen Dokumenten, dieses Mal auch Fotos von Peppis U-Heft und Kinderreisepass hochgeladen.
Flexibel bleiben
Wie oft hört man diesen Tipp! So leicht gesagt und doch so schwer umgesetzt!
Auch wenn wir bisher unsere am Tag gesteckten Ziele sehr gern erreicht haben, heißt es nun, das kleinste Glied der Kette bestimmt das Tempo. Und nicht nur das Tempo! Als Eltern heißt es flexibel zu sein, wenn ihr mit eurem Baby reisen wollt. Es können immer unvorhergesehene Ereignisse auftreten, die eure Pläne ändern. Das Wetter schlägt um oder die Strecke ist doch nicht so kinderfreundlich wie geplant. Vielleicht haben die Kleinen nach einer Stunde im schaukelndem Anhänger auch einfach keine Lust mehr weiterzufahren oder ihr müsst an einem tollen Aussichtspunkt vorbeifahren, weil die Stunden des Schlafens optimal genutzt sein wollen. In solchen Fällen ist wichtig, dass ihr bereit seid, euch anzupassen und neue Lösungen zu finden.
Wir rechnen aktuell mit maximal 3-4 Stunden Gesamtfahrzeit pro Tag. Sollten wir jedoch an einzelnen Tagen weniger Strecke machen können, so haben wir für die Gesamtdauer der Reise ein Puffer eingeplant. Folgt uns gern auf Instagram, um zu sehen, ob wir die 3-4 Stunden am Tag fahren können und wie viele Kilometer wir schaffen oder ob wir unseren Reise-Puffer aufbrauchen.
Safety first
Sicherheit hat auf unseren Reisen schon immer eine große Rolle gespielt. So ist beispielsweise ein Fahrradhelm für uns fester Bestandteil unserer Ausfahrten und Radreisen. Als wir dann unsere erste Radreise schwanger unternahmen und ganz besonders als es an die Planung unserer ersten Radreise mit Baby ging, haben wir dem Thema Sicherheit noch einmal mehr Bedeutung beigemessen. Dazu zählen für uns neben der Auswahl des richtigen Equipments auch eine gute Vorbereitung. Konkret hieß das für uns beispielsweise:
- Impfstatus überprüfen, auch bei vermeintlich unspektakulären Reisezielen: Z. B. gelten Brandenburg und Berlin mittlerweile als Hochburg für Zecken und da wir dieses Mal unsere Tour direkt in Berlin starteten, zählte für uns eine FSME-Impfung zum Pflichtprogramm. (Peppi ging hier allerdings leer aus, da die FSME-Impfung für Kinder erst ab 12 Monaten empfohlen wird.)
- Erste-Hilfe-Set, welches ebenso für Babys und Kinder geeignet ist.
- Spezielle Gadgets, wie ein Thermometer: Vor allem Kinder unter zwei Jahren lernen noch ihren Wärmehaushalt zu kontrollieren und mit dem Thermometer stellen wir sicher, dass das Zelt nicht auskühlt und Peppis Anhänger nicht überhitzt.
- Equipment in einwandfreien Zustand halten: Vor längeren oder anspruchsvollen Touren geben wir unsere Räder immer noch einmal zum Service beim Radhändler unseres Vertrauens. Bei einer Radreise mit Baby raten wir euch in jedem Fall dazu, die Bremsklötze auch unterwegs regelmäßig zu überprüfen, da euer Fahrrad den Anhänger mit abbremsen muss.
- Ein Sicherheitsnetz schaffen, insbesondere für die ersten Tage einer Reise: Wir planten unsere erste Reise-Etappe beispielsweise in Richtung Harz, wo Bene’s Familie lebt. So stellten wir sicher, dass im Notfall entweder Bene’s Familie oder meine Familie innerhalb einer Autostunde bei uns wären und uns bzw. Peppi „retten“ könnten, wie sie es nannten. Alternativ sollte man Bahnhöfe und Unterkünfte in der Nähe immer im Blick haben.
Bauchgefühl
Wir können euch versprechen – sobald ihr eure Pläne einer Radreise mit Baby kundtut, hat auf einmal jeder eine Meinung dazu. Wir haben schnell gelernt, dass es sich fast immer lohnt, zuzuhören, um am Ende aber bitte (trotzdem) auf das eigene Bauchgefühl zu vertrauen.
Auch wir stießen auf viele, die es wahnsinnig cool fanden und mindestens genauso viele Skeptiker. Im ersten Moment sind einem die Befürworter natürlich lieber. Doch vor allem der kritische Blick auf die Dinge hat uns auf großartige Ideen gebracht.* Davon abgesehen können wir euch versichern; keiner kann euer Baby besser einschätzen als ihr selbst. Wenn ihr das Gefühl habt, dass ihr diese Radreise als Familie mit Baby genießen werdet, dann ist es die richtige Entscheidung! Also, ab auf’s Rad und in die Natur mit euch!
*Zum Beispiel bestand der ursprüngliche Plan darin, die Anhänger mit der Spedition zurückzuschicken, um mit den Rädern und Peppi die Bahn nach Hause nehmen zu können. Wenn euch interessiert, wie wir letztendlich nach Hause gekommen sind, abonniere am besten unseren Newsletter. 😉
Ein bisschen Mut gehört auch dazu
Wir finden, beim Reisen muss man auch immer ein bisschen aus der Komfortzone heraustreten, um wirklich Einmaliges zu erleben. Sicherlich möchte man für sein Kind nur das Beste und bloß nichts falsch machen. Da ist es ganz natürlich, dass sich vor oder während der Reise immer wieder Zweifel melden: Ist es im Zelt warm genug? Ist der Schlaf im Anhänger für mein Baby erholsam? Würde sich mein Baby zu Hause mit festem Programm bestehend aus PEKIP-Kursen, Baby-Schwimmen, Spielgruppen und Yoga mit Baby eventuell besser entwickeln als auf einer Radreise? Ist mein Baby noch glücklich?
Auch wir haben uns diese und noch viel mehr Fragen gestellt. Es liegt doch in der Natur des Eltern-Daseins, sich um das eigene Kind zu sorgen. Doch wir mussten feststellen, Peppi hat sich so viel schneller an die neuen Routinen und Tagesabläufe angepasst als wir Erwachsenen. Nach nur 3-4 Tagen hat sie ihren Schlafrhythmus und ihre Wachphasen komplett angepasst und gluckst uns nun jedes Mal glücklich entgegen, wenn wir sie zur Pause aus dem Hänger holen oder morgens noch gemeinsam im Zelt kuscheln. Letztendlich braucht ein Kind doch nichts mehr als seine eigenen Eltern.